In den letzten Monaten haben es mir die Superhelden wieder angetan: Seit der Geburt meiner zweiten Tochter habe ich mich durch 10 Staffeln Smallville durchgearbeitet. Und mein Mann hat kürzlich eine Grafik eines Fans im Netz entdeckt, wie man alle Marvel-Comicverfilmungen anschauen kann, ohne inhaltlich etwas zu verpassen.
Zufall? Oder doch nicht?
Gestern Abend verarbeiteten wir einen überdimensionalen Haufen Wäsche und sahen uns dabei Iron Man (Teil 1 ) an. Da fiel mir am Schluss etwas auf: Der kleine, rote Iron Man kämpft verzweifelt gegen Obadiah Stane, dessen Anzug mindestens 4x so groß ist, wie sein eigener. Und möglicherweise ist diese Größenangabe fehlerhaft – ich bin sicherlich nicht für meine präzisen Größenschätzungen bekannt.
Was tun wir in der Regel, wenn wir es mit einem Gegner oder einer Herausforderung zu tun haben, die so viel größer zu sein scheint als wir? Sehr häufig führt es dazu, dass unser Verstand uns sagt, dass wir dem nicht gewachsen sind. Dass wir aufgeben sollten.
Was macht Iron Man? Er begegnet seiner übergroßen Herausforderung Obadiah und dessen extra protzigen Anzug mit Schläue, Humor und einer großen Portion Frechheit. Er bleibt präsent, weil er weiß, dass er jetzt gerade im Moment der Einzige ist, der auch nur die geringste Chance hat Obdadiah zu besiegen. Und weil Superhelden ja auch immer die Welt retten müssen!
Iron Man beweist Größe im Angesicht einer übermächtigen Herausforderung in dem er sich auf die Fähigkeiten verlässt, die er zur Verfügung hat: Mut, Intelligenz, Bauernschläue und die Fähigkeit, die Schwächen seines Gegners richtig einzuschätzen. Und er nutzt die persönlichen Ressourcen in seiner Umwelt (Pepper Potts).
Ich kann nicht in Iron Man hineinschauen, aber es wirkt ganz, als wäre er sich er sich seiner offensichtlichen Schwäche bewusst, würde sie aber ausblenden: Dass er neben Obadiah wie ein Winzling wirkt und sein Anzug an mechanischer und elektrischer Leistungskraft massiv unterlegen ist. Würde er darüber nachdenken, wäre er binnen 30 Sekunden tot. Das war’s dann mit Iron Man. Teil 2 gibt es nicht mehr.
Vielleicht ist das unser größter Fehler angesichts von scheinbar unlösbaren Problem: Wenn es sowieso schon schwierig ist, inspizieren wir ganz genau unsere Schwächen und reden uns noch tatkräftig ein, warum wir es nicht schaffen können. Wir schwächen unseren Selbstwert und damit unseren Stand im Leben.
Vielleicht sollten wir aber lieber darüber nachzudenken, welche Fähigkeiten und Stärken wir vielleicht schon ausgebildet haben, die den ersten Schritt zur Lösung des Problems darstellen könnten. Und während wir uns – den Blick auf unsere Stärken gerichtet – schrittweise aus der Lage herausarbeiten, können und dürfen wir auch an unseren Schwächen arbeiten. Dann wachsen wir und sind künftig auch anderen Situationen vielleicht besser gewachsen. Und dann gibt es nicht nur einen Teil 2 der Geschichten, wie wir eine Herausforderung gemeistert haben, die in unserem Kopf größer war als wir, sondern vielleicht eine ganze Filmserie. Oder wir öffnen uns für die Ungewissheit und akzeptieren, dass die Lernchance der Herausforderung war, scheitern zu lernen.
Ein Buchtipp zum #ScheiternLernen: Pema Chödrön – Vom Glück des Scheiterns
Aber auch für solche Situationen bieten Superhelden-Filme Weisheiten an: „You learn more about yourself when you lose!“ (Dt.: Du lernst mehr über dich selbst, wenn du verlierst!) sagt Ziehvater Jonathan Kent zu seinem Sohn Clark im Smallville. Denn Clark Kent in Smallville hat noch etliche Staffeln vor sich, bevor er Superman werden kann. Manchmal ist das persönliche Wachstum wichtiger als das Ziel – oder überhaupt Voraussetzung, dieses oder ein anderes Ziel zu erreichen. Oder vielleicht erkennen wir sogar, während wir wachsen, dass wir das falsche Ziel gewählt haben und wenden uns etwas Freudvollerem zu.
Ist meine Wahl nun zufällig auf Smallville und die Marvel Comic Serie gefallen? Ich denke nicht. Und das hatte nicht notwendigerweise mit dem überdimensionalen Wäschehaufen zu tun, den ich eingangs erwähnt habe und außerdem schon seit mindestens 10 Tagen hätte wegräumen sollen. Oder doch?
Ich habe mich in den letzten Monaten immer wieder auf diese Art und Weise herausgefordert gefühlt. Diese Interpretation von Iron Mans Kampf mit Obadiah Stane ist sicherlich sehr persönlich gefärbt und soll euch lediglich dazu motivieren eure eigenen zu finden, wenn ein übergroßer menschlicher Roboter vor euch steht, der ausschaut wie eine Ansammlung von recycelten Blechkübeln und ihr lernen müsst, ihm zu begegnen.